Was ist eine Zöliakie?
Bei der Zöliakie handelt es sich um eine chronische Systemerkrankung, die unterschiedliche Organe im menschlichen Körper betreffen und unter anderem entzündliche Darmerkrankungen begünstigen kann. Bei einer Zöliakie besteht eine sogenannte autoimmune Reaktion (Autoimmunerkrankung) gegenüber Gluten, das heißt der Körper bildet Antikörper als Immunantwort. Kommt die Darmschleimhaut also mit dem Klebereiweiß in Berührung, entzündet sie sich und kann Verdauungsbeschwerden hervorrufen sowie Schädigungen des Darms verursachen. Sobald der Einfluss von Gluten auf den Darmtrakt verschwindet, klingt in der Regel auch die Reaktion des Immunsystems ab. Streng genommen handelt es sich bei einer Zöliakie also nicht um eine Unverträglichkeit oder um eine Allergie — sie ist vielmehr als Autoimmunerkrankung zu verstehen.1
Von der Zöliakie zu unterscheiden ist eine Glutenunverträglichkeit oder Glutensensitivität. In diesem Fall reagieren Betroffene überempfindlich auf Gluten oder andere Getreidebestandteile, ohne dass sich jedoch entsprechende Veränderungen beziehungsweise Schädigungen an der Darmschleimhaut erkennen lassen.
Sonderform von Zöliakie: Dermatitis herpetiformis Duhring (DHD)
Diese Variante der Zöliakie sorgt für eine chronische Bildung von roten Bläschen oder Papeln auf der Haut, die mit starkem, brennendem Juckreiz einhergehen. Die Dermatitis herpetiformis Duhring tritt vor allem an den Extremitäten auf — insbesondere Ellenbogen oder Knie — aber auch Kopfhaut oder Gesäß sind oftmals betroffen. Zur Behandlung kommt häufig das Medikament Dapson zum Einsatz, was üblicherweise schnell zu einer Besserung der Beschwerden führt. Im deutschsprachigen Raum ist diese Hauterkrankung vergleichsweise selten — in Ungarn, Irland, England oder den skandinavischen Ländern ist sie hingegen weiter verbreitet.2
Ursachen und Entstehung von Zöliakie
Die genauen Auslöser, die zur Entstehung von Zöliakie führen, sind wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Mediziner gehen jedoch davon aus, dass hauptsächlich eine genetische Veranlagung hinter einer Zöliakie steckt. Darüber hinaus vermuten Experten, dass noch weitere Faktoren zu der genetischen Disposition hinzukommen müssen, um das Risiko für eine Zöliakie zu erhöhen. Beispielsweise gehören dazu:3
- äußere Einflüsse (wie etwa die Ernährung und Stilldauer im Säuglingsalter)
- vorherige Erkrankungen
- allgemeiner Gesundheitszustand (des Immunsystems)
Die Aufnahme der Nahrungsbestandteile in den Körper geschieht im Dünndarm. Dieser ist mit vielen Falten — den sogenannten Zotten — ausgekleidet, um eine möglichst große Fläche zur Nährstoffaufnahme zu erhalten. Bei einer Zöliakie reagiert der Betroffene auf die bei der Verdauung freigesetzten Gluten-Moleküle.
Da die Darmwand von Betroffenen einer Zöliakie nach neuesten Erkenntnissen durchlässig für Gluten ist, gelangt es auf diese Weise in den Körper und führt zu einer Überreaktion des Immunsystems.4 Als Folge des dadurch entstehenden entzündlichen Prozesses bilden sich im Dünndarm die Zotten zurück. Auf diese Weise verringert sich die Oberfläche des Dünndarms und die Aufnahme von Nährstoffen wird erschwert — im Verlauf der Erkrankung entstehen so Nährstoffdefizite, die verschiedene Beschwerden auslösen können.1
Symptome der Zöliakie: Eine Erkrankung mit vielen Gesichtern
Die Beschwerden einer Zöliakie sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Häufig macht Sie sich bereits im Kindern bemerkbar. Folgende Symptome sind typisch:
- Bauchschmerzen
- Durchfall
- Blähungen
- Erbrechen
- Fettstuhl
- Hautveränderungen
- andauernde Müdigkeit
- schnelle Reizbarkeit
- Nährstoffmängel (etwa Eiweiß-, Vitamin- oder Eisenmangel)
- Migräne
- depressive Verstimmungen
- Blutarmut
- Gewichtsverlust
- Verzögerung der körperlichen Entwicklung von Kindern (Gedeihstörungen)
Die Symptome einer Glutenunverträglichkeit ähneln in vielen Fällen denen der klassischen Zöliakie — fallen jedoch meist etwas harmloser aus.
Darüber hinaus kann die Zöliakie — je nach Erscheinungsbild — in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Eine typische Unterteilung sieht wie folgt aus:
- latente Zöliakie: Die Dünndarmschleimhaut weist keine durch Gluten hervorgerufenen Veränderungen auf. Dafür sind im Blut jedoch Immunreaktionen nachweisbar, wie zum Beispiel die Bildung von Antikörpern. Bei dieser Form machen sich keine Krankheitszeichen bemerkbar.
- subklinische (silente) Zöliakie: Im Gegensatz zur latenten Form kann diese Form der Zöliakie beispielsweise durch erste (histologische) Veränderungen der Dünndarmschleimhaut festgestellt werden. Dennoch wird sie oft auch zufällig durch eine Blutuntersuchung mit Nachweis der Immunreaktion (Antikörper) erkannt, da bei Betroffenen häufig keine spürbaren Beschwerden entstehen.
- klassische Zöliakie: Durch eine glutenhaltige Ernährung entsteht eine Immunreaktion, wodurch Antikörper die Zellen der Dünndarmschleimhaut angreifen. In der Folge bilden sich die Dünndarmzotten zurück, wodurch sich die Nährstoffaufnahme verschlechtert. Symptome wie Durchfall und Übelkeit sind typisch. Unter glutenfreier Ernährung bessern sie sich.
Zöliakie: Wie diagnostizieren Ärzte die Unverträglichkeit von Gluten?
Die Diagnose einer Zöliakie beruht auf drei wesentlichen Untersuchungsverfahren:
- Blutuntersuchung: Bestimmung von Antikörpern
- Darmspiegelung: Gewebeuntersuchung des Dünndarms
- Ernährung: Nachweis der Wirkung von Gluten auf den Körper
Bei einer Zöliakie bildet der Organismus Antikörper. Durch eine Blutabnahme wird untersucht, ob diese im Blut zu finden sind. Der Nachweis dieser Antikörper reicht allein jedoch nicht für eine endgültige Diagnose aus, sondern bestätigt lediglich den Verdacht. Eine gesicherte Aussage über das Vorhandensein von Zöliakie kann nur durch eine Analyse des Dünndarmgewebes gestellt werden, bei der dieses auf typische Veränderungen kontrolliert wird. Dies geschieht im Rahmen einer Darmspiegelung. Zudem empfiehlt der Arzt Betroffenen in der Regel über einen bestimmten Zeitraum glutenfrei zu leben — bessern sich dadurch seine Symptome, ist eine Zöliakie bestätigt.
Stellt sich bei der Untersuchung heraus, dass keine Zöliakie vorliegt, sich jedoch bei glutenfreier Diät die Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Durchfall verflüchtigen, dann ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Glutenunverträglichkeit hoch.
Wie erfolgt die Behandlung von Zöliakie?
Die Diagnose Zöliakie ist für viele Betroffene zunächst einmal ein Schock, da es für sie auf den ersten Blick unvorstellbar scheint, vollkommen auf getreidehaltige Lebensmittel zu verzichten. Dennoch ist eine strenge, lebenslange glutenfreie Ernährung derzeit die einzige Therapie, die Betroffenen von Zöliakie eine Linderung der Beschwerden sowie eine Verbesserung ihrer Lebensqualität verschaffen kann.5 Ebenso wirkt sich eine solch konsequente Diät beziehungsweise Ernährungsumstellung positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus — die Langzeitfolgen von Zöliakie können dadurch soweit reduziert werden, dass mit keinem negativen Einfluss auf die Lebenserwartung zu rechnen ist.6
Worauf müssen Betroffene bei einer Zöliakie verzichten?
Alle Lebensmittel, in denen Gluten enthalten ist, sollten umgehend vom Speiseplan gestrichen werden, da es bislang noch keine Medikamente zur Behandlung von Zöliakie gibt. Das bedeutet, folgende Getreidesorten müssen von nun an umgangen werden:
- Weizen
- Gerste
- Roggen
- Dinkel
- Grünkern
- Hafer
- Einkorn
- Emmer
Viele herkömmliche Backwaren wie Brot, Brezen, Brötchen sowie Pizza oder Nudeln gehören also fortan nicht mehr auf Ihre Einkaufsliste. Und Vorsicht: Gluten ist nicht nur in klar erkennbaren Mehlspeisen enthalten, sondern wird auch in vielen Produkten wie Bier, Wurst, Fertiggerichten, Medikamenten und Kosmetika verarbeitet.
Idealerweise sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt oder einem Ernährungsberater. Diese können Sie gezielt zu einer glutenfreien Ernährung informieren und gegebenenfalls einen individualisierten Ernährungsplan zusammenstellen.
Diese Lebensmittel können bei Zöliakie verzehrt werden
In welchen Produkten Gluten enthalten ist, können Betroffene einer Zöliakie in der Regel an der Liste der Inhaltsstoffe erkennen, die in Deutschland aufgeführt werden muss. Zusätzlich sind heutzutage viele glutenfreie Produkte in Supermärkten, Reformhäusern und Drogerieläden mit dem Symbol einer durchgestrichenen Ähre gekennzeichnet.
Achtung: „Glutenfrei-Siegel“ heißt nicht immer frei von Gluten
Es ist ratsam, bei Produkten mit dem Glutenfrei-Siegel vorsichtshalber noch einmal die Inhaltsstoffe auf Getreide zu überprüfen. Denn Lebensmittel, die einen Glutengehalt von 20 ppm (parts per million) — umgerechnet etwa 20 Milligramm pro Kilogramm — aufweisen, dürfen laut der Association of European Coeliac Societies (AOECS) zwar bereits als „glutenfrei“ gekennzeichnet werden, können bei schwerer Zöliakie jedoch trotzdem Beschwerden hervorrufen.7
Am einfachsten ist es für Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit, auf frische Lebensmittel zurückzugreifen und so gut es geht darauf zu verzichten, verarbeitete Produkte zu konsumieren.
Da sie von Natur aus glutenfrei sind, können sie beispielsweise bei nachstehenden Produkten bedenkenlos zugreifen:4
- frisches Obst und Gemüse
- Mandeln und Nüsse
- naturbelassener Käse (wie Emmentaler oder Gouda)
- Joghurt, Sahne oder Quark
- Kartoffeln und Süßkartoffeln
- Reis und Wildreis
- Fleisch und Fisch (ohne Marinade oder Panade)
- Eier
- Kräuter
- Öl und Margarine
- Zucker
- Marmelade, Honig oder Ahornsirup
Wichtig für Betroffene bei einer strikt glutenfreien Essensweise ist, darauf zu achten, dass sie sich trotzdem weiterhin ausgewogen ernähren, um mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt zu werden. Damit das gelingt, ist es vor allem in den ersten Wochen des Gluten-Verzichts von Vorteil, eng mit einem Ernährungsberater oder einem Arzt zusammenzuarbeiten.
Häufig gestellte Fragen zu Zöliakie
Unter Zöliakie ist eine chronische Autoimmunerkrankung zu verstehen, bei das Immunsystem mit der Bildung von Antikörpern auf Gluten reagiert. Diese Erkrankung kann mehrere Organe im Körper betreffen und begünstigt beispielsweise das Entstehen von entzündlichen Darmerkrankungen. Verschwindet der Einfluss von Gluten, nimmt üblicherweise auch die autoimmune Reaktion wieder ab.
Experten vermuten, dass die Ursache von Zöliakie hauptsächlich eine genetische Veranlagung ist, die in der Regel gemeinsam mit weiteren Faktoren (etwa äußere Umwelteinflüsse, vorherige Erkrankungen oder der allgemeine Gesundheitszustand) zum Ausbruch der Krankheit führt. Dennoch sind die genauen Auslöser von Zöliakie wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt.
Typische Beschwerden, die bei einer Zöliakie auftreten, sind unter anderem Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen, Erbrechen, Fettstuhl, Veränderungen der Haut, ständige Müdigkeit, Migräne oder Gewichtsverlust. Zu den Symptomen von Zöliakie bei Kindern zählt beispielsweise die Verzögerung der körperlichen Entwicklung (Gedeihstörungen).
Zur Behandlung von Zöliakie ist das effektivste Mittel eine strenge, lebenslange, glutenfreie Ernährung. Zu meiden sind dabei beispielsweise Getreidesorten wie Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Einkorn oder Emmer. Findet diese Ernährungsumstellung beziehungsweise glutenfreie Diät nachhaltig statt, nimmt eine Zöliakie üblicherweise keinen negativen Einfluss auf die Lebenserwartung.6 Betroffene können mit einer Linderung der Beschwerden und einer deutliche Steigerung der Lebenqualität rechnen.