Wofür brauchen wir die Motilität bei der Verdauung?


Was wir über den Tag verteilt essen, verdaut unser Körper in den Hohlorgangen Magen und Darm. Die Verdauungsorgane sind dazu ständig in Bewegung. Diese Darm- und Magenbewegungen werden als Motilität bezeichnet und haben verschiedene Funktionen: Einerseits wird die Nahrung mit Verdauungssäften vermischt, die die Nahrung in immer kleinere Bestandteile aufspalten. Anderseits bewirkt Motilität, dass der Nahrungsbrei in kleinen Portionen von einem Organ in das nächste weitergedrückt wird, sobald die Verdauung dort abgeschlossen ist. Außerdem wird durch die Magenbewegung Speisebrei gegen die Wand des Organs gedrückt. Auf diese Weise können die Nerven in der Magenwand besser registrieren, wie viel Speisebrei sich im Magen befindet und dem Gehirn ein Gefühl von Sättigung vermitteln.

Motilität: Die Muskeln im Verdauungstrakt


Damit die Motilität gewährleistet werden kann, ist die abgestimmte Arbeit der Muskeln unserer Organe entscheidend. Vom Mund bis zum After sind unsere Verdauungsorgane durch eine Art Muskelschlauch verbunden. Diese Muskeln liegen in der Wand der Organe in Form von Längs- und Ringmuskeln. Es handelt sich dabei um sogenannte glatte Muskulatur.

Diese Muskelart ist vor allem in den inneren Organen zu finden und lässt sich nicht willentlich beeinflussen. Für die Steuerung der Muskeltätigkeit verfügt das Verdauungssystem daher über ein eigenes Nervengeflecht: das enterische Nervensystem.

Gut zu wissen
Das enterische Nervensystem (ENS) ist ein Nervengeflecht im Verdauungstrakt, das die Motilität koordiniert. Es besteht aus über 100 Millionen Nervenzellen, also aus ungefähr so vielen Nerven wie das Rückenmark. Das ENS steuert die Motilität autonom, also unabhängig vom zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark). Wenn wir entspannt sind, ist unsere Verdauung besonders aktiv.

Die Motilität der Verdauungsorgane kommt durch wellenartige Kontraktionen der Muskeln – auch Peristaltik genannt – zustande. Dieses koordinierte Zusammenziehen und Entspannen erinnert an die Bewegung eines Regenwurms. Wie stark die Muskeln sich bewegen, hängt von der Menge und Position der Nahrung ab. Nach einer Mahlzeit arbeiten die Muskeln in der Regel besonders intensiv. Außerdem werden zum Beispiel Magenbewegungen in Richtung Ausgang des Organs stärker, da der dortige Schließmuskel nur öffnet, wenn genügend Druck vorhanden ist.

Magenbewegung: Die Motilität im Magen


Im Magen kommt es zu ersten Verdauungsprozessen. Dazu produziert das Organ täglich etwa zwei Liter Magensaft. Die Motilität trägt dazu bei, dass der Magensaft unter den Nahrungsbrei gemischt wird. Auf diese Weise können Enzyme die Eiweiße aus der Nahrung besonders gut spalten.

Ist der Magen mit Nahrung gefüllt, drückt diese auf die Magenwand. Der so entstandene Druck löst daraufhin peristaltische Muskelbewegungen aus: Circa alle 20 Sekunden kommt es zu wellenförmigen Kontraktionen der Magenmuskeln.

Motilität des Darms


Der Darm ist dem Magen bei der Verdauung nachgeschaltet und besteht aus Dünn- und Dickdarm. Der Dünndarm gliedert sich in Zwölffingerdarm, Leerdarm und Krummdarm. Zum Dickdarm gehört der Blinddarm und der Enddarm, welcher wiederum in Grimm- und Mastdarm unterteilt wird. Zu den wichtigsten Aufgaben unseres Dünndarms gehört es, den Speisebrei weiter zu verdauen und Nährstoffe aufzunehmen. Im Dickdarm wird dem Speisebrei vor allem Wasser entzogen, dadurch wird er eingedickt.

Die Funktionen der Darm-Motilität sind:

  • Durchmischung von Speisebrei (durch ringförmige Muskelbewegungen)
  • Weitertransport des Speisebreis in Richtung Enddarm durch rhythmische Kontraktion der Längsmuskulatur

In der Folge bewegt sich der Nahrungsbrei pro Minute etwa einen Zentimeter in Richtung After.

Die Motilität der Verdauung macht keine Pause: So entsteht Magenknurren
Der Magen-Darm-Trakt ist quasi immer in Bewegung: Nicht nur nach dem Essen, sondern auch zwischen den Mahlzeiten bewegt sich die Muskulatur, um Speisereste in den Organen weiter zu transportieren (sogenannte Housekeeper-Waves). Befindet sich keine Nahrung mehr im Verdauungstrakt, ist er vor allem mit Luft gefüllt. Wird die Luft durch die Motilität weitergeschoben, entsteht das charakteristische Knurren. Ist Ihnen das Grummeln im Bauch unangenehm, können Sie entgegenwirken, indem Sie eine Kleinigkeit essen oder etwas trinken – so schweigt der Bauch für einige Zeit.

Motilitätsstörungen – was steckt dahinter?


Bei Motilitätsstörungen ist, wie schon die Bezeichnung verrät, die normale Bewegung der Verdauungsorgane beeinträchtigt: Entweder sind die Muskeln zu entspannt oder zu verkrampft. Sind die Muskeln zu wenig gespannt, kommt es zu einer langsameren Bewegung in den Verdauungsorganen – wir leiden an Völlegefühl. Ist die Bewegung hingegen beschleunigt, spüren wir das unter Umständen durch „Rumoren“ im Bauch – Durchfall kündigt sich an.

Typische Symptome einer Motilitätsstörung sind:

Die Auslöser für Probleme mit der Motilität liegen oft in unseren Lebensgewohnheiten. Essen wir unregelmäßig oder hektisch kann das unseren Magen-Darm-Trakt überfordern. Genauso verhält es sich bei zu großen Portionen oder fettigem Essen. Auch Allergien und Unverträglichkeiten gegen bestimmte Lebensmittel können die normale Darm- und Magenbewegung stören. Daneben kommt Stress als Ursache für Motilitätsstörungen infrage, da Stresshormone sich auch auf die Magen-Darm-Tätigkeit auswirken und die Magenentleerung hemmen. Bei Diabetes oder auch funktionellen Erkrankungen wie dem Reizmagen oder Reizdarm können ebenfalls Störungen der Motilität auftreten.

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Motilitätsstörung durch Zöliakie
Die typischen Symptome einer Motilitätsstörung kennen Zöliakie-Betroffene nur zu gut – so auch Nathalie. Im Interview spricht sie mit uns über die Unverträglichkeit allgemein, aber auch darüber, wie diese ihren Alltag beeinflusst.
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