Entstehung von Stress-Durchfall – reine Nervensache
Umgangssprachlich ist bei Entscheidungen oft vom „Bauchgefühl“ die Rede. Und tatsächlich ist der Bauch (Abdomen) schlauer als lange Zeit angenommen: Im Magen-Darm-Trakt sitzen rund 100 Millionen Nervenzellen – fast so viele, wie im Rückenmark. Forscher bezeichnen das ausgeklügelte Verdauungssystem auch als „Bauchgehirn“, weil es eine ähnliche funktionale Struktur wie das Gehirn aufweist.1
Was hat es mit dem „Bauchhirn“ auf sich? Welchen Einfluss nimmt es auf unser „Kopfhirn“? Sehen Sie sich die Antworten im Video an:
Dieses sogenannte enterische Nervensystem — ein Teil des vegetativen Nervensystems — ist sehr komplex und steuert unabhängig vom Gehirn sämtliche Verdauungsvorgänge. Es registriert aber auch Gefühle wie Stress oder Angst und antwortet darauf mit Beschwerden wie Magenschmerzen, Verstopfung oder Durchfall. Zum Beispiel verschlechtern sich die Symptome bei Reizdarm häufig durch Stress.2
Ab wann spricht man von Durchfall?
Durchfall liegt vor, wenn eine Person innerhalb von 24 Stunden mindestens dreimal sehr weichen oder flüssigen Stuhl absetzt.3
Neben dem enterischen besteht das vegetative Nervensystem zudem aus
- dem sympathischen Nervensystem (Sympathikus), das für eine erhöhte Leistungsbereitschaft in Alarmsituationen verantwortlich ist
- und dem parasympathischen Nervensystem (Parasympathikus), das den Menschen wieder in einen Ruhezustand versetzt.
Bei Stress übernimmt der Sympathikus. Er schaltet in Extremsituationen in den Kampf- oder Fluchtmodus — ein Adrenalinschub der unseren Vorfahren bei Gefahren das Leben rettete.4
Im Laufe der Jahrtausende haben sich die Umwelt des Menschen und die Stressreize stark verändert. Doch noch immer produziert der Körper in Stresssituationen Hormone wie Cortisol und Adrenalin — der Blutdruck steigt und der Puls beschleunigt sich. Die erhöhte Alarmbereitschaft des Körpers verbraucht jedoch mehr Energie, die dann dem Verdauungsprozess abhandenkommt – die Darmaktivität fährt herunter. In der Folge stellt das Verdauungsorgan seine regulären Tätigkeiten ein und transportiert Nahrung nicht mehr weiter: Stresshormone können also Einfluss auf die Verdauung nehmen.4
Häufige Stress-Auslöser, die Durchfall verursachen
Stress kann individuell unterschiedliche Ursachen haben und bei manchen Personen Durchfall auslösen. Zu Stressauslösern zählen:
- Physische Stressoren: Ständiger Lärm, Hitze, Kälte oder Reizüberflutungen können Stress verursachen.
- Psychische Stressoren: Überforderung, Kontrollverlust oder Versagensängste sind ebenfalls Faktoren, die zu einer starken Anspannung und Unruhe vieler Menschen führen.
- Soziale Stressoren: Auch Konflikte, Mobbing oder der Tod einer geliebten Person lösen starke Stressreaktionen aus.
Das Stresslevel in Deutschland
Hauptursachen für Stress sind vor allem finanzielle Unsicherheiten, der Balanceakt zwischen Beruf und Familie sowie die fortschreitende Digitalisierung und soziale Netzwerke, die eine ständige Erreichbarkeit mit sich bringen. Etwa 52 Prozent der Deutschen berichten von einem steigenden Stressniveau, wobei dies besonders auf jüngere Menschen zutrifft.
- 63 Prozent der unter 30-Jährigen gaben an, dass sie sich häufiger gestresst fühlen als früher.
- Bei den über 65-Jährigen waren es nur 31 Prozent.
- 54 Prozent der Menschen zwischen 30 und 64 Jahren fühlen sich ebenfalls oft gestresst.5
Anti-Stress-Tipps gegen Durchfall
Einige Menschen sind in Stresssituationen anfälliger für Durchfall als andere. Die Angst vor Durchfall durch Stress kann zu einem Teufelskreis führen und das Problem bei einer erneuten ähnlichen Situation unter Umständen sogar noch verschärfen. Denn durch die Angst vor dem Durchfall kommt ein zusätzlicher Stressfaktor hinzu. Aber Betroffene müssen nicht verzweifeln. Es gibt ein paar einfache Tipps, um der körperlichen Reaktion bei psychischer Anspannung entgegenzuwirken:
- Bewusster Toilettengang vor Verlassen des Hauses.
- In der akuten Phase sollten vor allem kleine, leicht verdauliche Mahlzeiten eingenommen werden, um den Magen-Darm-Trakt nicht zusätzlich zu belasten.
- Zur schnellen Behandlung können krampflösende Medikamente und Durchfallmittel aus der Apotheke Linderung verschaffen.
Als bekanntes Hausmittel gilt zudem schwarzer Tee, der bei leichtem Durchfall helfen kann. Die enthaltenen Gerbstoffe wirken entzündungshemmend und wasserbindend, wodurch sie eine festigende Wirkung auf den Stuhl haben können.
Menschen, die häufiger an Stress-Durchfall leiden, sollten sich außerdem bestimmte Techniken der Stressbekämpfung wie Yoga oder autogenes Training aneignen.
Des Weiteren sind auch natürliche Beruhigungsmittel eine vorbeugende Maßnahme bei intensiven Stresssituationen. Gegen Nervosität und innere Unruhe können folgende Pflanzen helfen:
- Hopfen: ist beruhigend und fördert den Schlaf
- Baldrian: wird oft vorbeugend bei Prüfungen gegen die Nervosität eingesetzt
- Melisse: wirkt aufgrund ihrer entkrampfenden und beruhigenden Eigenschaften gut bei Magen-Darm-Beschwerden
- Lavendel: hat eine beruhigende Wirkung auf das zentrale Nervensystem
- Passionsblume: zur Behandlung von Spannungs- und Unruhezuständen geeignet
- Johanniskraut: hilft vor allem bei depressiven Verstimmungen (aber erst nach einem Zeitraum von zwei bis vier Wochen)
Hält der Stress-Zustand über einen längeren Zeitraum an und geht er mit folgenden Symptomen einher, sollten Betroffene einen Arzt aufsuchen:
- innere Unruhe
- Schlafprobleme
- Konzentrationsmangel
- hoher Gewichtsverlust
- Verwirrtheit oder Weinkrämpfen ohne ersichtlichen Anlass
Auch wenn sich stressbedingter Durchfall zu einem dauerhaften und häufig auftretenden Durchfall entwickelt, ist eine ärztliche Untersuchung ratsam.
Angst, Depressionen und Burn-out führen nicht selten zu Beschwerden des Verdauungstrakts. Professionelle Hilfe, zum Beispiel in Form einer Therapie, kann in diesen Fällen in Erwägung gezogen werden. Hilfreich ist häufig auch, wenn Betroffene eine Art Symptom-Tagebuch führen. Dadurch können sie besser nachvollziehen, welchen Einfluss die Psyche auf die Verdauung hat.
Prävention von Stress-Durchfal
Die Maßnahmen zur Prävention von Stressdurchfall ähneln den Behandlungstipps, da sie darauf abzielen, sowohl den Stress zu reduzieren als auch die allgemeine Gesundheit des Verdauungssystems zu fördern:
- Stressbewältigungstechniken: Lernen Sie Methoden zur Stressreduktion wie Yoga, Meditation, Atemübungen oder progressive Muskelentspannung. Diese Techniken können helfen, den Stresspegel zu senken und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern.
- Regelmäßige Bewegung: Sport und körperliche Aktivität fördern die Ausschüttung von Glückshormonen, die das Wohlbefinden steigern und Stress abbauen. Auch tägliche Spaziergänge können bereits positive Effekte auf die mentale Gesundheit haben.
- Gesunde Ernährung: Essen Sie viele Speisen, die reich an Ballaststoffen, Obst und Gemüse sind. Vermeiden Sie übermäßigen Konsum von Koffein, Alkohol und stark verarbeiteten Lebensmitteln (zum Beispiel Tiefkühlpizza oder Instantnudeln), die die Symptome verschlimmern können.
- Hydration: Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mindestens 1,5 Liter pro Tag) ist wichtig, um den Körper gut zu versorgen und die Darmfunktion zu unterstützen.6 Wasser ist die beste Wahl, während koffeinhaltige oder zuckerhaltige Getränke besser in Maßen konsumiert werden sollten.
- Schlafhygiene: Achten Sie auf ausreichend Schlaf und eine regelmäßige Schlafroutine. Schlafmangel kann die Stressresistenz verringern und zu einer erhöhten Anfälligkeit für Stresssymptome — einschließlich Durchfall — führen.
- Soziale Unterstützung: Der Austausch mit Freunden, Familie oder Selbsthilfegruppen kann helfen, Stress abzubauen. Gespräche über die eigenen Sorgen wirken entlastend.
- Zeitmanagement: Planen Sie Ihre Aufgaben und setzen Sie Prioritäten. Überforderung verursacht schnell Stress. Daher ist es wichtig, realistische Ziele zu setzen und Pausen einzuplanen.
Durch die Umsetzung dieser Präventionsmaßnahmen können Sie die Wahrscheinlichkeit von Stressdurchfall verringern und so Ihre allgemeine Lebensqualität verbessern.
Wann zum Arzt bei Durchfall?
Neben langanhaltenden Durchfall-Beschwerden sollte man zum Hausarzt oder Gastroenterologen gehen, wenn der Durchfall blutig oder schleimig ist, stark wässrig, mit Fieber einhergeht oder Anzeichen von Dehydrierung auftreten (Schwindel, trockene Haut, wenig Urin). Besonders bei Säuglingen, kleinen Kindern, älteren Menschen oder immungeschwächten Personen ist aufgrund von Dehydration Vorsicht geboten.
Häufig gestellte Fragen zu Durchfall aufgrund von Stress
Ein nervöser Darm (auch als Reizdarm bekannt), äußert sich durch verschiedene Magen-Darm-Beschwerden. Typische Symptome sind Bauchschmerzen oder -krämpfe, die oft nach dem Stuhlgang nachlassen, sowie Blähungen und Völlegefühl. Betroffene erleben häufig Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung, einen dringenden Stuhldrang oder das Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung. Manchmal kann auch Schleim im Stuhl auftreten, jedoch ohne Blutbeimengungen.
Es ist unbestritten, dass die Psyche das Verdauungssystem beeinflusst. Menschen mit einem empfindlichen Magen oder Darm (Reizdarm) reagieren in stressigen oder belastenden Situationen häufig mit Verdauungsbeschwerden wie Übelkeit, Sodbrennen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung.2
Es ist hilfreich, den Umgang mit Stress zu erlernen. Entspannungstechniken wie Meditation, Atemübungen, Progressive Muskelentspannung oder Yoga können dazu beitragen, den Stress zu reduzieren und den Körper zu entspannen. Eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Flüssigkeit und regelmäßige Bewegung fördern ebenfalls das Wohlbefinden. Bei akuten Beschwerden können Hausmittel wie schwarzer Tee sowie Medikamente wie krampflösende Mittel oder Durchfallpräparate Linderung verschaffen.