Häufig gestellte Fragen zum Kurzdarmsyndrom


Was ist das Kurzdarmsyndrom?

Dabei handelt es sich um einen Folgezustand, der nach einem chirurgischen Eingriff entsteht, bei dem ein Teil des Darms entfernt werden musste. In der Folge ist der Darm nicht mehr in der Lage, ausreichend Nährstoffe, Mineralien und Wasser aufzunehmen.

Wie äußert sich das Syndrom?

Typischerweise kommt es beim Kurzdarmsyndrom zu Durchfall. Aufgrund der verringerten Aufnahme von Nährstoffen, Mineralien und Wasser sind zudem Folgeerscheinungen wie Austrocknung, Gewichtsabnahme oder Knochenschwund möglich.

Welche Behandlungsmaßnahmen gibt es?

Bei der Therapie des Kurzdarmsyndroms muss vor allem die Ernährung richtig eingestellt werden, um dem Körper mit genügend Nährstoffen, Mineralien und Wasser zu versorgen. Darüber hinaus kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln nötig sein. Mitunter sind auch bestimmte Medikamente beispielsweise gegen Durchfall hilfreich.

Wie hoch ist die Lebenserwartung beim Kurzdarmsyndrom?

Bei richtig eingestellter Ernährung ist die Lebenserwartung von Patienten kaum eingeschränkt.

Warum kommt es zum Kurzdarmsyndrom?


Beim Kurzdarmsyndrom handelt es sich um einen Folgezustand, wenn nach einem chirurgischen Eingriff größere Darmabschnitte entfernt wurden. Eine solche Operation kann beispielsweise bei folgenden Grunderkrankungen sowie anderen Ursachen nötig sein:

In einigen Fällen kann die Erkrankung auch ohne vorherige Operation auftreten, beispielsweise bei einer Bestrahlung im Bauch- oder Beckenbereich und damit einhergehenden Strahlenschäden am Darm (Strahlenenteritis). Bei Kindern ist es zudem möglich, dass das Kurzdarmsyndrom als angeborene Funktionsstörung auftritt. Darüber hinaus kann es bei Frühchen zu Fehlbildungen oder entzündlichen Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes (nekrotisierende Enterocolitis) kommen, die ein Absterben von Darmabschnitten nach sich ziehen. Werden Teile des Organs entfernt, steigt das Risiko, ein Kurzdarmsyndrom zu entwickeln.1

Aha!

Insgesamt handelt es sich bei dem Syndrom um eine seltene Darmerkrankung. Derzeit bestehen jedoch keine verlässlichen Zahlen zu deren Häufigkeit, es wird davon ausgegangen, dass etwa 34 von 1 Millionen Personen von einem Kurzdarmsyndrom betroffen sind.2

Wird bei der sogenannten Resektion (operative Entfernung von Organen) mehr als die Hälfte des Darms entfernt, zieht dies eine Beeinträchtigung der Darmfunktion nach sich.2 Infolgedessen ist er nicht mehr in der Lage, Nährstoffe (wie Eiweiße und Kohlenhydrate), Wasser und Mineralien (beispielsweise Natrium und Calcium) ausreichend aufzunehmen.

Lässt sich das Kurzdarmsyndrom verhindern?

Prinzipiell wird bei der Resektion versucht, so wenig Darm wie möglich und nur so viel wie nötig zu entfernen. Besondere Vorkehrungen, um dem Kurzdarmsyndrom vorzubeugen, existieren derzeit nicht.

Wie äußert sich die Erkrankung?


Die Krankheitserscheinungen richten sich danach, wie viel und welcher Darmabschnitt entfernt wurden: Während Makronährstoffe (unter anderem Kohlenhydrate und Fette) sowie Mikronährstoffe (wie Vitamine) überwiegend vom Dünndarm aufgenommen werden, liegt die Resorption von Wasser und Mineralien sowohl im Dünn- als auch Dickdarmabschnitt. Je nachdem können unterschiedliche Krankheitserscheinungen auftreten, so beispielsweise:2

Scroll Table
Unterversorgung mit…Mangelerscheinungen
KohlenhydratenGewichtsabnahme, Schwäche
EiweißMuskelschwund, Infektanfälligkeit
Vitamin DKnochenschwund
EisenBlutarmut
WasserAustrocknung
Mineralien (wie Magnesium)Muskelschwäche oder -krämpfe

Die Geschwindigkeit, mit der sich ein Mangel zeigt, ist ebenfalls unterschiedlich. Beispielsweise kommt der Körper mit einem Defizit an Wasser nur wenige Tage aus, während eine Unterversorgung mit dem Nährstoff Vitamin B12 auch über mehrere Monate oder Jahre unbemerkt bleiben kann. In der Folge kann es hier unter anderem zu Konzentrationsschwierigkeiten bis hin zu Blutarmut kommen.

Verschiedene Kurzdarm-Typen3

  • Typ-I-Kurzdarmsyndrom: der verbleibende Dünndarm endet in einem künstlichen Darmausgang
  • Typ-II-Kurzdarmsyndrom: der Übergang vom Dünn- zum Dickdarm fehlt
  • Typ-III-Kurzdarmsyndrom: Teile des Dünndarms wurden entfernt, der Übergang zum Dickdarm ist weiterhin erhalten
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Durchfall – typisches Symptom des Syndroms


Im Rahmen der Darmerkrankung kommt es vorrangig zu starkem Durchfall (Diarrhoe). An dessen Entstehung ist in der Regel einer von zwei Mechanismen beteiligt:

  • Gelangen Nährstoffe (allen voran Kohlenhydrate) unverdaut im Darm an, hat dies einen enormen Einstrom von Wasser zur Folge. Es entsteht Durchfall, der auch osmotische Diarrhoe genannt wird.
  • Aufgrund einer unvollständigen Resorption von Wasser und Mineralien, kommt es zu einer vermehrten Bindung von Wasser im Darmlumen (Hohlraum, in dem sich normalerweise der Speisebrei oder Stuhl befindet). Dies wird als sekretorische Diarrhoe bezeichnet.

Da die Resorptionsfähigkeit des Darms derart stark eingeschränkt ist, kann der mit Durchfall einhergehende Flüssigkeitsverlust nicht durch vermehrtes Trinken ausgeglichen werden. Beim Kurzdarmsyndrom scheidet der Körper zwischen 1,5 und 6 Litern Flüssigkeit mit dem Stuhl aus – bei einem gesunden Darm sind es lediglich 100 bis 200 Milliliter Wasser.4 Da mit dem Flüssigkeitsverlust gleichzeitig Mineralien und Spurenelemente wie Zink, Selen oder Jod verloren gehen, muss dies bei der Behandlung eines Kurzdarmsyndroms berücksichtigt werden.

Kurzdarmsyndrom: Verlauf und Prognose


In der Regel ist unmittelbar nach der chirurgischen Entfernung und der Wiederaufnahme von Nahrung das Ausmaß der Störung am größten. Sprich, die Gefahr einer Unterversorgung von Wasser und Mineralien – sowie nachfolgend ein Defizit an Nährstoffen. Daher ist bei einem absehbaren Kurzdarmsyndrom meist eine Betreuung auf der Intensivstation mit intravenöser Gabe von Nährstoffen nötig. Der Grund: Es lässt sich oftmals erst später feststellen, ob der Darm in der Lage ist, Kohlenhydrate und Co. in ausreichender Menge aufzunehmen. Allerdings ist der Darm dazu fähig, das Kurzdarmsyndrom – auch bei einem schweren Verlauf – zu kompensieren. Diese sogenannte Adaption kann allerdings mehrere Monate bis Jahre dauern.2

Diagnose und Untersuchungen:

Durch die Entfernung eines Darmstücks besteht generell ein Risiko für die Entstehung des Kurzdarmsyndroms. Um feststellen zu können, ob der Darm in seiner Resorption eingeschränkt ist, können beispielsweise folgende Untersuchungen durchgeführt werden:

  • Analyse des Wasserhaushalts
  • Blutuntersuchungen (bei Mangelernährung)

Die genannten Methoden sind auch zur Kontrolle im Nachgang geeignet. Dann werden meist noch weitere Untersuchungen wie die Messung der Knochendichte oder die Kontrolle des Körpergewichts durchgeführt.

Die Prognose der Erkrankung ist von vielen Faktoren abhängig, beispielsweise dem Ausmaß der Resektion oder der Qualität der Langzeitversorgung. Die Lebensqualität sowie Lebenserwartung sind jedoch bei optimaler Einstellung der Ernährung kaum eingeschränkt.5

Was genau ist die Adaption des Darms?


Der Aufnahmeprozess von Nährstoffen, Mineralien und Wasser im Darm ist ein fein abgestimmtes System. Werden bestimmte Abschnitte des Organs entfernt, kommt es durcheinander. Im Anschluss versucht der Darm, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen – dies bezeichnen Mediziner als Adaption. Konkret bedeutet dies:

  • Es werden Wachstumsvorgänge in Gang gesetzt, damit sich die Oberfläche des Darms vergrößert.
  • In den Darmzellen wird die Resorptionsleistung verbessert.

In welchem Ausmaß die Adaption stattfindet, hängt jedoch davon ab, wie viel Darm und welcher Abschnitt entfernt wurde. Zwar sind die genauen biologischen Vorgänge, die damit einhergehen, nicht bekannt, allerdings spielt die Ernährung eine entscheidende Rolle bei der Adaption des Darms.4

Die Ernährung – das A und O beim Kurzdarmsyndrom


Zur Behandlung eines Kurzdarmsyndroms ist es wichtig, spezifische Ernährungsmaßnahmen zu ergreifen. Dabei wird zwischen enteraler (über den Darm) und parenteraler (über die Vene) Ernährung unterschieden. Die Ernährungstherapien können sowohl einzeln als auch in Kombination zum Einsatz kommen.

Enterale Ernährung

Bei einem Kurzdarmsyndrom erfolgt der Kostaufbau langsam, um die Verträglichkeit des Darms nicht zu überfordern. Meist wird daher zunächst eine faser- sowie fettarme Diät angestrebt mit beispielsweise

  • stillem Wasser,
  • milden Tees (zum Beispiel Kamillentee),
  • klarer Brühe,
  • Zwieback,
  • Kartoffelpüree,
  • Naturjoghurt,
  • gekochtem, leicht verdaulichem Gemüse (wie Karotten, Fenchel und Sellerie) sowie
  • fettarmem Fleisch.

Aha!

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, 30 Prozent des täglichen Energiebedarfs über Fett zu decken.6 Allerdings kann es bei normaler Fettzufuhr im Rahmen des Kurzdarmsyndrom sein, dass vermehrt Durchfall  entsteht. Dann sollte ersatzweise auf sogenannte mittelkettige Fettsäuren (MCT-Fette) zurückzugreifen werden. Im Vergleich zu langkettigen Fettsäuren (LCT) – also üblichen Nahrungsfetten – werden MCT vom Darm leichter aufgenommen und gelangen direkt zur Leber. Vorzufinden sind die Fette beispielsweise in Kokosfett, Palmkernöl oder in geringer Menge auch in Milchfett. Alternativ gibt es diätische Lebensmittel mit MCT-Fettsäuren.

Werden die Lebensmittel vertragen, kann die orale Ernährung schrittweise erweitert werden. Sowohl für den Kostaufbau als auch den weiteren Verlauf empfehlen sich jedoch folgende Maßnahmen:

  • viele kleine Mahlzeiten pro Tag (auf etwa 6 bis 10 Mahlzeiten aufgeteilt)3
  • Essen und Trinken zeitlich voneinander trennen (verhindert eine Überlastung des Darms mit Flüssigkeit)
  • Süßes, Blähendes sowie Frittiertes meiden (beispielsweise Marmelade, Hülsenfrüchte oder Pommes)
  • abführend wirkende Lebensmittel reduzieren oder diese gar nicht verzehren (unter anderem Kaffee oder Fruchtsäfte)

Bei der Flüssigkeitsaufnahme sollten Patienten beachten, dass der Flüssigkeitsverlust sich nicht mit massivem Trinken ausgleichen lässt. Im Gegenteil kann dies zur Verstärkung des Durchfalls beitragen. Deshalb – und um die notwendigen Mineralien aufzunehmen – empfiehlt es sich, auf spezielle Flüssigkeitslösungen oder Sportlergetränke (enthalten zusätzliche Mineralien) zurückzugreifen. Welche Mittel sich eignen, sollten Patienten mit ihrem behandelnden Arzt besprechen.

Medikamente beim Kurzdarmsyndrom

Betroffene, die an starkem Durchfall leiden, erhalten meist hoch dosierte Antidurchfallmittel. Liegt der Grund in einer beschleunigten Darmpassage, können bestimmte Medikamente zu einer Entschleunigung beitragen. Zudem ist es möglich, dass es bei einem Kurzdarmsyndrom zu einer überaktiven Magensäureproduktion kommt. Hierfür sind Präparate erhältlich, deren Wirkung in einer Blockierung der Magensäure liegt. Darüber hinaus kann es nötig sein, den Verlust bestimmter Nährstoffe mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln auszugleichen beziehungsweise zu verhindern. Sowohl für Medikamente – auch wenn sie freiverkäuflich sind – als auch für Nahrungsergänzungsmittel gilt dabei: Die passenden Produkte und Dosierungen sollten mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

Für Patienten bietet es sich zudem an, ein Ernährungstagebuch zu führen, um herausfinden, welche Lebensmittel und Getränke besser oder schlechter vertragen werden. Ergänzend sollten sie regelmäßig das Körpergewicht festhalten.

Um den Erfolg der enteralen Ernährungstherapie zu erfassen, sind regelmäßige Kontrolltermine inklusive Untersuchungen notwendig. Beispielsweise ist es mithilfe der sogenannten bioelektrischen Impedanzanalyse, kurz BIA-Messung, möglich, die Organ-, Muskel- sowie Fettmasse und den Wassergehalt zu dokumentieren. Dabei wird schwacher Strom durch den Körper geleitet und über den Widerstand die Zusammensetzung des Körpers analysiert. Zusätzlich zur BIA-Messung kann eine Blutuntersuchung erfolgen, bei der die Versorgung mit Nährstoffen abgeschätzt wird.

Gut zu wissen:

In den ersten Wochen nach der Operation sind die Beschwerden des Kurzdarmsyndroms am heftigsten. Deshalb kann es selbst bei Patienten, die auf lange Sicht keine künstliche (parenterale) Ernährungstherapie benötigen, übergangsweise zu einer solchen kommen.

Parenterale Ernährung

Bei einigen Patienten ist die Resorptionsleistung des Darms nach der Operation vorübergehend oder dauerhaft eingeschränkt, weshalb die enterale Ernährung allein nicht ausreichend ist. Deshalb ist eine künstliche Ernährung notwendig. Je nach Ausmaß und Lokalisation der Resektion werden den Betroffenen Nährstoffe, Mineralien und/oder Wasser durch Infusionen über die Venen zugeführt.

Vor allem bei einer dauerhaften parenteralen Therapie ist die optimale Einstellung der Ernährung unerlässlich, da es ansonsten zu veränderten Leberwerten und in der Folge schweren Leberschäden kommen kann. Deshalb sind engmaschige Kontrollen und Anpassungen der Ernährung notwendig. An der Versorgung eines Patienten mit schwerwiegendem Kurzdarmsyndrom sind daher eine Reihe von Personen beteiligt wie Angehörige, der Hausarzt oder Pflegepersonal. Zwischen ihnen müssen die entsprechenden Informationen stetig ausgetauscht, abgestimmt und aktualisiert werden.

Weitere Komplikationen, die im Rahmen der künstlichen Ernährung auftreten können, sind:

  • Es kommt zu einer Infektion am Infusionszugang, wodurch eine Blutvergiftung droht.
  • Bedingt durch eine Thrombose kann sich das Blutgefäß, an dem der Zugang gelegt ist, verschließen.

Dünndarmtransplantation – wann wird sie durchgeführt?


Kommt es wiederholt zu Komplikationen, beispielsweise Leberwertveränderungen, beziehungsweise bessern sich diese nicht, kann dies Anlass für eine Dünndarmtransplantation sein. Und auch wenn diese bislang die einzige kurative (heilende) Therapie des Kurzdarmsyndroms darstellt, handelt es sich um eine im Vergleich zu anderen Organtransplantationen selten durchgeführte Operation. Etwa 5 Verpflanzungen werden pro Jahr in Deutschlang vorgenommen.7 Denn für eine erfolgreiche Behandlung sind strenge Kriterien zu erfüllen, beispielsweise muss die Ernährungstherapie versagt haben oder eine schwere Leberfunktionsstörung vorliegen.

Wird der Eingriff notwendig, ist es zudem häufig so, dass andere Organe wie die Leber oder Niere ebenfalls transplantiert werden müssen, da sich im Rahmen einer längeren parenteralen Ernährungstherapie weitere Folgeerkrankungen entwickelt haben.

Erfolgsaussichten

Da Patienten, die sich für eine Dünndarmtransplantation entscheiden, in der Regel bereits eine langwierige Erkrankung mit zahlreichen Arztbesuchen und Behandlungsversuchen hinter sich haben, stellt der Eingriff meist eine Verbesserung des allgemeinen Befindens und der Lebensqualität dar. Durch den stetigen Fortschritt in der Medizin stehen die Überlebensquoten innerhalb eines Jahres bei 90 Prozent und die Dreijahres-Raten bei 70 Prozent.8

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