Wann wird eine Appendektomie nötig?
Eine Operation am Blinddarm ist in deutschen Kliniken ein Routineeingriff. Der Hauptzweck des Eingriffes ist es, den Wurmfortsatz (Appendix) zu entfernen, wenn er sich entzündeten hat. Der Wurmfortsatz ist ein kleiner Teil des Blinddarms, dennoch ist umgangssprachlich oftmals von einer Blinddarmentzündung die Rede.
Sobald ein Patient deutliche Anzeichen einer Entzündung des Appendix (Appendizitis) zeigt, nehmen Krankenhäuser ihn in der Regel direkt stationär auf. Zu diesen Anzeichen gehören insbesondere starke Schmerzen im rechten Unterbauch.
Im Krankenhaus werden nun erste Schritte zur Diagnose unternommen, dazu können gehören:2
- Befragung zu Gesundheitszustand und Beschwerden durch das medizinische Fachpersonal
- Abtasten und Kontrolle bestimmter Druckpunkte am Bauch
- Temperaturmessung
- Bildgebende Untersuchungen (Sonographie, Computertomographie, Magnetresonanztomographie)
- Blut- und Urinuntersuchung
Bei Verdacht auf eine leichte Blinddarmentzündung und nach Beginn einer Antibiotikabehandlung kann die Operation um 12 bis 24 Stunden aufgeschoben werden, ohne das Risiko einer Durchbruchentzündung zu erhöhen. Lediglich bei einer schweren Entzündung des Wurmfortsatzes, bei der es bereits zu einem Durchbruch gekommen ist, ist eine umgehende Operation notwendig.3
Wichtig:
Bei einer akuten Blinddarmentzündung sollte der Patient innerhalb von 24 Stunden operiert werden, um einen Durchbruch des Wurmfortsatzes (Perforation) zu verhindern. Gelingt dies nicht, verbreiten sich die Bakterien und der Darminhalt möglicherweise im Bauchraum, was eine lebensgefährliche Bauchfellentzündung (Peritonitis) nach sich ziehen kann. Vor allem bei Kindern ist diesbezüglich Vorsicht geboten – bei ihnen kommt es erfahrungsgemäß besonders rasch zur Perforation.4
Daher ist es meist sicherer, den Wurmfortsatz entfernen zu lassen, als ihn zu behalten. Aus diesem Grund raten Ärzte bei Unsicherheit zur OP.
Auch wenn dem Patienten nach eigenen Angaben bereits „der Blinddarm entfernt wurde“, kann eine Operation notwendig werden. In einigen Fällen wurde die Appendix beispielsweise nicht vollständig entfernt oder es besteht — aufgrund einer genetischen Fehlbildung — ein zweiter Wurmfortsatz.
Der Operateur kann zwischen einer offenen Operation oder einem minimalinvasiven Eingriff entscheiden. Die Wahl der Methode hängt dabei vom Gesundheitszustand des Patienten und der Schwere der Entzündung ab. Da der Patient in Vollnarkose gelegt wird, sollte auch einer solchen Notoperation ein Aufklärungsgespräch mit einem Arzt vorangehen.
Offene Blinddarm-OP
Die offene Operation zur Behandlung einer Blinddarmentzündung ist ein bewährtes chirurgisches Verfahren, das seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt wird. Hierbei führt der Chirurg einen etwa vier bis fünf Zentimeter langen Schnitt am rechten Unterbauch aus. Dieser sogenannte Wechselschnitt wird so vorgenommen, dass er durch die verschiedenen Schichten der Bauchwand verläuft. Bei sehr starken Entzündungen werden teilweise auch andere Schnittarten angewendet, um so besser an den Blinddarm heranzukommen. 2
Anschließend bindet der Chirurg die kleinen Blutgefäße, die zum Blinddarm führen, ab, und durchtrennt sie. Nun kann der Wurmfortsatz entfernt und der verbleibende Stumpf des Blinddarms verschlossen werden. Zudem werden bei diesem Eingriff auch kleinen Ausstülpungen im Darm, die sogenannten Meckel-Divertikeln, gesucht und entfernt, da diese Entzündung, Geschwüre oder einer Blutung verursachen können. Bei Frauen wird auch der Bereich um die Eierstöcke überprüft.2
Die Operation endet mit dem schichtweisen Verschluss der Bauchwand. Wenn bei der Operation festgestellt wird, dass der Blinddarm schon geplatzt ist oder die Entzündung sehr schwer ist, legen die Ärzte manchmal eine Drainage, um Flüssigkeit abzuleiten. In solchen Fällen wird die Haut nicht vollständig zugenäht. Auch eine antibiotische Behandlung nach der Operation ist dann wichtig.
Falls sich die Entzündung auf einen weiteren Bereich des Dickdarms ausgebreitet hat und dieser ebenfalls geschädigt ist, muss eventuell auch dieser Teil des Darms entfernt werden.
Minimalinvasive Appendektomie: Die Bauchspiegelung
Früher wurde eine Blinddarmentzündung meist durch einen offenen Bauchschnitt behandelt. Heutzutage wird jedoch häufiger die Bauchspiegeltechnik (laparoskopisches Verfahren) angewendet.5 Diese schonendere (minimalinvasive) Methode erfordert nicht das Aufschneiden des Bauchraums, sondern nur drei kleine Schnitte. Diese Öffnungen ermöglichen es, eine Operationskamera (Laparoskop) und die Instrumente einzuführen. Bevor der Eingriff beginnt, wird der Bauchraum mit Kohlendioxid-Gas gefüllt, damit sich der Darm von der Bauchwand abhebt und der Chirurg genügend Platz zum Operieren hat.
Durch die Kamera und einen Bildschirm haben der Arzt und seine Assistenten eine bessere Sicht auf die Bauchhöhle und können zuerst feststellen, ob wirklich eine Entzündung des Wurmfortsatzes vorliegt. Ist das nicht der Fall, muss der Arzt weitere Untersuchungen durchführen, um die Ursache der Beschwerden zu klären. Allerdings sollte der Wurmfortsatz in jedem Fall entfernt werden, da eine Entzündung von außen nicht immer sichtbar ist.
Wurde die Appendix erfolgreich entfernt, leitet der Chirurg das Gas wieder aus dem Bauchraum hinaus und verschließt die Schnitte in der Bauchdecke mittels einer Naht.
Wie lange dauert die Blinddarmoperation?
Die offene wie auch die laparoskopische Appendektomie dauern rund 20 Minuten lang und erfolgen unter Vollnarkose, weswegen der Patient mindestens sechs Stunden vor der Operation nüchtern bleiben muss.5,6
Minimalinvasive oder offene Blinddarm-OP: Was sind die Vorteile?
Die Wahl zwischen der Bauchspiegelung und dem offenen Bauchschnitt hängt vom individuellen Fall ab. Der Arzt bestimmt, welche Methode angewendet werden soll. Manchmal ist es jedoch notwendig, während des Verfahrens von der Laparoskopie auf die offene Chirurgie zu wechseln — zum Beispiel bei ausgeprägten Verwachsungen.
Grundsätzlich bietet die minimalinvasive „Schlüsselloch-Technik“ folgende Vorteile:7
- Bessere Übersicht des gesamten Bauchraums
- Möglichkeit für den Arzt, weitere Untersuchungen durchzuführen
- Kleinere Wunden senken das Infektionsrisiko
- Weniger Schmerzen nach der OP
- Geringeres Risiko für die Bildung von Verwachsungen
- Unauffälligere Narben
Einige Vorzüge einer offenen Bauchoperation sind:7
- Bessere Sicht bei komplizierten Fällen
- Geringeres Risiko für intraabdominelle Infektionen
- Zum Teil geringere Operationszeit, besonders wenn der Gesundheitszustand des Patienten bereits kritisch ist
Mögliche Komplikationen einer Blinddarm-OP
Generell ist jede Operation mit einem gewissen Risiko verbunden. Die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen ist jedoch bei einer rechtzeitig durchgeführten Blinddarm-OP meist gering. Zu den möglicherweise auftretenden Problemen zählen:2,8
- Wundinfektion: Gelangen Keime in die OP-Wunde, kann diese sich entzünden. Das führt zu Entzündungen, Schwellungen, Rötungen und Schmerzen im betroffenen Hautbereich.
- Abszess: Wenn Keime in die Wunde eindringen, können sie einen Abszess verursachen — eine eitrige Kapsel, die im schlimmsten Fall eine lebensbedrohliche Infektion der Bauchhöhle (Peritonitis) auslöst.
- Verletzungen: Während des Eingriffs können andere Organe wie Darm oder Harnleiter verletzt werden.
- Nachblutungen: Bei starker Blutung muss die Wunde unter Umständen nochmals geöffnet werden, um das geronnene Blut zu entfernen und die Blutung zu stoppen.
- Verwachsungen: Nach der Operation kann es zu Verwachsungen (Briden) und Narbenbildung kommen, die im schlimmsten Fall einen Darmverschluss (Ileus) bewirken.
- Narbenbruch: Bei mangelhafter Festigkeit der Operationsnarbe kommt es zu Vorwölbungen von Eingeweiden in das geschwächte Gewebe.
- Stumpfinsuffizienz: Hierbei stirbt das Gewebe an der Stelle des Darms ab (Nekrose), an der die Appendix entfernt wurde.
- Herzrhythmusstörungen: Eine seltene Nebenwirkung ist ein unregelmäßiger Herzschlag. Gefährdet sind vor allem Patienten, die bereits an Herzproblemen (wie einem früheren Herzinfarkt oder einer eingeschränkten Herzfunktion) leiden.
- Harnverhalt: Nach einem operativen Eingriff kann es vorkommen, dass man nicht mehr in der Lage ist, die Blase komplett zu leeren. Das ist eine gängige, aber meist nur temporäre Störung, die mit einem Katheter behoben werden kann.
Da das gesundheitliche Risiko im Falle einer unbehandelten Blinddarmentzündung jedoch noch höher ist, bleibt der chirurgische Eingriff meist die bessere Wahl.
Nach der Blinddarmoperation: Was ist zu beachten?
Direkt nach der OP darf der Patient noch nichts essen, kann aber nach einigen Stunden wieder Flüssigkeit (Wasser oder Tee) zu sich nehmen. Die erste Mahlzeit (Schonkost nach ärztlicher Anweisung) gibt es am Tag nach dem Eingriff. Je nach Ausmaß der Entzündung und angewandter OP-Technik verbringen Patienten insgesamt zwei bis fünf Tage im Krankenhaus.9 Nach der Entlassung gibt es einige Dinge, die zu beachten sind:2,10
- Schmerzen: Die Intensität der Wundschmerzen ist von Patient zu Patient verschieden. Spätestens 3 Wochen nach dem Eingriff sollte er jedoch abgeklungen sein. Nach Rücksprache mit dem Arzt können auch Schmerzmittel eingenommen werden.
- Duschen: Ab dem 3. Tag nach der Operation darf die Wundnaht für gewöhnlich nass werden. Bei Unsicherheiten ist hierzu ärztlicher Rat einzuholen. Nach dem Duschen muss das Pflaster gewechselt werden.
- Fäden/Klammern: Diese werden in der Regel etwa am 10. Tag nach der Operation vom Hausarzt gezogen. Baden und Saunieren sind dann noch für etwa 2 Wochen zu vermeiden.
- Sport: Nach etwa zwei Wochen ist es möglich, leichten Sport zu betreiben, der den Körper nicht zu sehr belasten. Dazu gehört Joggen, Radfahren, Wandern oder Schwimmen. Sportarten, die plötzliche Bewegungen erfordern, wie Fußball oder Tennis, sowie Sportarten, die die Bauchmuskulatur stark beanspruchen, sollten frühestens nach vier Wochen wieder aufgenommen werden.
- Arbeit: Wie lange man nach einer Blinddarmoperation krankgeschrieben ist, wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Darunter die Operationsmethode, der individuelle Heilungsverlauf und die beruflichen Anforderungen des Patienten. Generell dauert die Genesungszeit bei einer minimal-invasiven Blinddarm-OP zwischen circa einer und drei Wochen und bei einer offenen OP zwischen circa zwei und drei Wochen.7
- Tragen: Etwa drei Monate nach der Operation wird die Bauchwand wieder ihre maximale Stabilität erreichen. Aus diesem Grund ist es ratsam, insbesondere in den ersten sechs Wochen nach der Operation darauf zu achten, schweres Heben von Lasten über 5 Kilogramm zu unterlassen.11
- Ernährung: Leichte Speisen wie Zwieback, Joghurt oder Suppen sind zu Beginn besonders zu empfehlen. Schwer verdauliche Lebensmittel wie beispielsweise frittierte Produkte sollten ebenso gemieden werden wie scharfe und stark gewürzte Gerichte.
Auch auf Alkohol sollte die ersten Tage nach dem Eingriff verzichtet werden. Wie lange genau hängt unter anderem von den Medikamenten ab, die verordnet wurden (beispielsweise Schmerzmittel oder Antibiotika). Lassen Sie sich hierzu von Ihrem behandelnden Arzt beraten.
Achtung Infektion!
Treten zunehmend stärkere Schmerzen sowie Rötungen oder Schwellungen im Wundbereich auf, sollte schnellstmöglich ein Mediziner aufgesucht werden. In diesem Fall besteht der Verdacht auf eine Entzündung.
Behandlung mit Antibiotika — Alternative zur Blinddarm-OP?
Lange Zeit galt die OP bei einem entzündeten Wurmfortsatz als einzig Behandlungsmöglichkeit. Lediglich bei Personen, bei denen ein Eingriff aus gesundheitlichen Gründen vermieden werden sollte, wurden Antibiotika verabreicht. Einige Studien weisen jedoch darauf hin, dass sich vor allem bei unkomplizierten Entzündungen die Beschwerden mit Antibiotika gut behandeln lassen. Ein finnisches Forscherteam der Uniklinik Turku untersuchte in einer Studie 530 Erwachsene mit entzündetem Blinddarm.8 Etwa die Hälfte dieser Gruppe wurde nicht operiert, sondern erhielt drei Tage Antibiotika per Infusion und anschließend weitere sieben Tage Antibiotika in Form von Tabletten. Bei fast drei Vierteln dieser Patienten ließ die Entzündung während der Antibiotika-Therapie nach – sie mussten nicht operiert werden.
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es auch Herausforderungen und Einschränkungen bei der Antibiotikabehandlung. Eine der größten Sorgen ist die mögliche Rückkehr der Symptome, da einige Patienten innerhalb eines Jahres nach der Antibiotikabehandlung erneut eine Appendizitis entwickeln und dann doch operiert werden müssen. Diese Rezidivraten variieren je nach Studie, betragen aber im Schnitt 22,5 %.12
Trotz allem bleibt die nicht-operative Behandlung bis heute eher eine Ausnahme. Dies liegt vor allem daran, dass nicht eindeutig festgestellt werden kann, in welchem Stadium der Entzündung sich der Wurmfortsatz befindet. Somit besteht jederzeit das Risiko eines Durchbruchs und der damit verbundenen gesundheitlichen Folgen.
Häufig gestellte Fragen zur Blinddarm-OP
Eine Appendektomie ist erforderlich, wenn eine akute Entzündung des Blinddarms (Appendizitis) festgestellt wird. Diese Erkrankung ist ein medizinischer Notfall, da ein unbehandelter Blinddarm reißen und eine gefährliche Bauchfellentzündung verursachen kann. Charakteristische Symptome sind starke Schmerzen im rechten Unterbauch, Übelkeit, Erbrechen, Fieber und Appetitlosigkeit.
Die Entfernung des Blinddarms ist durch eine offene oder laparoskopische (minimal-invasive) Operation möglich. Die offene Methode nutzt einen größeren Schnitt im rechten Unterbauch zur Entnahme, während die Laparoskopie über mehrere kleine Einschnitte erfolgt, durch die Kamera und Instrumente eingeführt werden. Diese Technik gilt als weniger eingreifend und führt üblicherweise zu einer zügigeren Erholungsphase.
Die Blinddarmoperation gilt als Routineeingriff mit niedrigem Risiko. Mögliche Komplikationen können unter anderem jedoch Infektionen, Nachblutungen, Abszesse, Verwachsungen sowie in seltenen Fällen Darmverschlüsse oder Hernien umfassen.
Die Krankschreibung nach der Entfernung des Blinddarms hängt von der Art der Operation und dem Heilungsverlauf ab. Nach einer Laparoskopie dauert die Erholung meist ein bis zwei Wochen, während sie nach einer offenen Appendektomie zwei bis vier Wochen betragen kann.7
Die Behandlung der Blinddarmentzündung mit Antibiotika ist in einigen Fällen möglich. Da jedoch immer die Gefahr einer Perforation besteht, birgt die Operation oftmals das kleinere Risiko.