Morbus Crohn: Welche Möglichkeiten der Therapie gibt es?


Bei Morbus Crohn handelt es sich um eine chronisch entzündliche Erkrankung, die im gesamten Magen-Darm-Trakt auftreten kann. Häufig sind jedoch nur bestimmte Darmabschnitte (der letzte Abschnitt des Dünndarms sowie der Dickdarm) von der Entzündung betroffen. Bis heute gilt die Erkrankung als nicht heilbar. Allerdings gibt es verschiedene Therapieansätze, die zur Linderung der Beschwerden beitragen und so den Entzündungsprozess abschwächen können. An erster Stelle steht die Einnahme von Medikamenten.

Die Behandlung von Morbus Crohn


Typischerweise zeigt sich bei Morbus Crohn (auch Crohn-Krankheit genannt) folgendes Beschwerdebild: Symptome wie

treten in Schüben auf. Dem akuten Schub (Aktivphase) folgt das vorübergehende Nachlassen der Beschwerden (Remissionsphase). Je nachdem, in welcher Phase sich der Patient befindet, werden unterschiedliche Therapieansätze verfolgt:

  • In der Akutphase wird beispielsweise versucht, den Patienten so schnell wie möglich von seinen Beschwerden zu befreien.
  • Während die Behandlung in der Remissionsphase unter anderem darauf abzielt, die beschwerdefreie Zeit zu verlängern.

Darüber hinaus steht aber auch das Verringern der Schubanzahl oder das Vermeiden von Komplikationen im Fokus. Bei der Wahl der richtigen Therapie von chronisch entzündlichen Darmkrankheiten (CED) wie Morbus Crohn spielen zudem Ausmaß und Stärke der Entzündung eine Rolle – unterschieden wird zwischen mild, moderat und schwer.

Medikamente zur Linderung der Symptome


Kommt es zu einem Morbus Crohn-Schub, stehen Patienten verschiedene Arzneimittel – je nach Schweregrad – zur Verfügung. Generell werden aber zwei Typen von Medikamenten unterschieden: Zum einen solche, die in der Aktivphase angewandt werden und die Entzündung hemmen sollen. Zum anderen gibt es Präparate für die Remission, mit dem Ziel, die beschwerdefreie Zeit so lange wie möglich zu erhalten.

Arzneimittel während der akuten Phase

Kurzzeitig lassen sich leichtere Beschwerden wie Durchfall oder Bauchschmerzen durch freiverkäufliche Medikamente mit Loperamid oder Butylscopolamin behandeln. Loperamid kommt vor allem bei Durchfallerkrankungen zum Einsatz, da es unter anderem die Darmbewegung hemmt und so die Verweildauer des Stuhls im Darm erhöht. Dem gegenüber ist der krampflösende Wirkstoff Butylscopolamin bei krampfartigen Bauchschmerzen angezeigt.

Liegt jedoch ein stärkerer Schub vor, sind meist Arzneimittel, die auf Glucocorticoiden (gehören zu den Corticosteroiden, einer Klasse von Steroidhormonen) basieren, gefragt, um die Entzündung im Darm zurückzudrängen.

Da viele Corticosteroide häufig auf den gesamten Körper wirken, sind stärkere Nebenwirkungen wie eine Entkalkung der Knochen, Bluthochdruck oder Depression möglich.1 Sie eignen sich daher nicht für einen langfristigen Einsatz – der Patient muss die Tabletten meist über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monaten einnehmen. Präparate mit Corticosteroiden werden in der Regel vom Gastroenterologen (Facharzt für Magen- und Darmerkrankungen) verschrieben.2 Wann und in welcher Dosierung die Arzneimittel angewandt werden sollten, entscheidet der Arzt je nach Ausmaß und Stärke der Erkrankung.

Nährstoffmangel bei Morbus Crohn

Bei einem starken Entzündungsprozess im Darm kommt es häufiger zu einer Mangelernährung, die durch verschiedene Faktoren begünstigt werden kann. Hierzu zählen beispielsweise:

  • unzureichende Nährstoffaufnahme im Darm
  • Appetitlosigkeit
  • Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
  • Vorliegen des Kurzdarmsyndroms (verringerte Aufnahmekapazität des Darms, bedingt durch die operative Entfernung von großen Dünndarmabschnitten) 3

Werden wichtige Nährstoffe wie Eisen, Calcium oder Vitamin B12 jedoch nicht genügend aufgenommen, kann dies zu Mangelerscheinungen wie Müdigkeit, Erschöpfung, Muskelkrämpfe oder Kreislaufproblemen führen. Das Defizit muss oftmals über die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ausgeglichen werden. Betroffene sollten dies vorab mit dem behandelnden Arzt absprechen.

Kämpfen Betroffene immer wieder mit starken Entzündungsschüben, haben sich Medikamente mit einem anderen Wirkmechanismus bewährt. So werden sogenannte Immunsuppressiva angewandt, die in das Immunsystem eingreifen und dessen Aktivität künstlich reduzieren. Auf diese Weise lässt sich die Entzündung vorübergehend zurückdrängen. Allerdings sollte beachtet werden, dass auch hier Nebenwirkungen möglich sind: Vor allem ein gesteigertes Infektionsrisiko ist aufgrund der immunsuppressiven Wirkung zu nennen.

Sofern bei der Therapie von Morbus Crohn weder entzündungshemmende Mittel noch Immunsuppressiva den gewünschten Effekt bringen, können Biologika (durch Biotechnologie nachempfundene körpereigene Stoffe) zur Anwendung kommen. Zu den Biologika gehören bestimmte Antikörper (sogenannte TNF-alpha-Blocker), deren Wirkung darauf beruht, einen bestimmten Entzündungsstoff (Protein Zytokin TNF-alpha) zu hemmen. Auf diese Weise wird der Entzündungsprozess blockiert beziehungsweise vollständig zum Erliegen gebracht. Wie bei anderen Medikamenten kann es auch bei der Einnahme von Biologika zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen, beispielsweise sind Schwindel, Kopfschmerzen, Fieber oder eine Verschlechterung einer Herzinsuffizienz möglich.

Fisteln bei Morbus Crohn relativ häufig

14 bis 23 Prozent der Betroffenen neigen zu Fisteln (Verbindung zwischen zwei Hohlorganen) im Bereich des Anus.4 Da die Analfisteln nicht von selbst ausheilen, ist ein chirurgischer Eingriff notwendig, der meist von einer Antibiotika-Therapie begleitet wird. Der Ansatz zeigt in vielen Fällen einen positiven Effekt – allerdings liegt die Häufigkeit des Wiederauftretens (Rezidivrate) zwischen 20 und 50 Prozent.3

Bei komplexen Fisteln ist zudem die Therapie mit Stammzellen möglich. Diese haben die Eigenschaft, sich selbst zu vervielfältigen, verschiedenes Gewebe zu entwickeln sowie auf Entzündungen in ihrer Nähe antientzündlich zu reagieren. Werden die Stammzellen direkt in die Analfistel gespritzt, können sie so die dortige Entzündung reduzieren.

Eine passende Behandlung von Morbus Crohn ist insofern wichtig, da ansonsten das Risiko für andere Erkrankungen steigt. Komplikationen, die bei Nichtbehandlung oder falscher Therapie auftreten können, sind beispielsweise ein Nährstoffmangel, Unfruchtbarkeit (beispielsweise, wenn bestimmte Nährstoffe fehlen), ein Darmverschluss oder Darmkrebs.

Die Therapie in der Remissionszeit

Im Anschluss an die erfolgreiche Therapie der Akutphase, folgt die Remission (beschwerdefreie Zeit) – wobei immer die Gefahr besteht, dass es erneut zu einem Ausbruch der Erkrankung kommt. Je nach Patient liegt das Risiko im ersten Jahr bei etwa 30 bis 60 Prozent, während es sich im Folgejahr zwischen 40 und 70 Prozent befindet.2 Dennoch ist es – nach Abwägung von Nutzen, Risiken und Behandlungskosten – nicht bei jedem Morbus Crohn-Patienten empfehlenswert, eine remissionserhaltende Therapie anzustreben. Ob der Behandlungsweg notwendig ist, entscheidet der behandelnde Arzt zusammen mit dem Betroffenen.

In bestimmten Situationen wird eine Erhaltungstherapie für notwendig erachtet, so beispielsweise bei

  • einem zurückliegenden komplizierten Verlauf (zum Beispiel mit Operation),
  • schweren sowie häufigen Schüben (mehr als 2 pro Jahr) oder
  • starken Entzündungen mit tiefen Geschwüren.2

Bei Entscheidung für diesen Behandlungsweg verschreibt der Arzt häufig Immunsuppressiva, die die körpereigene Abwehr herunterfahren und so die Entzündungsreaktion im Darm lindern. Durch deren Gabe ist es möglich, die beschwerdefreie Zeit zu verlängern und die Lebensqualität des Betroffenen zu verbessern. Allerdings sind Patienten aufgrund des geschwächten Immunsystems anfälliger für andere Erkrankungen wie eine Magen-Darm-Grippe.

Aha!

Da sich die chronisch entzündliche Darmerkrankung im Lauf des Lebens verändern kann, sollte die Therapie nach jedem Schub neu bewertet und unter Berücksichtigung der aktuellen Krankheitssituation des Patienten ausgerichtet werden.

Alternativ sind zur langfristigen Therapie der Erkrankung auch Anti‐TNF‐alpha‐Antikörper (Biologika) anwendbar. Diese hemmen das Protein Zytokin TNF-alpha und blockieren so den Entzündungsprozess beziehungsweise bringen diesen zum Erliegen. Auch hier sind Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Schwindel nicht auszuschließen. Der Arzt muss daher die Vor- und Nachteile der Arzneimittel genau abwägen.

Homöopathie, TCM und Co.: Unterstützende Therapieansätze


Da die meisten Medikamente bei der Behandlung von Morbus Crohn mit Nebenwirkungen einhergehen, suche viele Patienten eine sanftere Lösung. Doch auch wenn es alternative Mittel und Wege gibt, können diese die medikamentöse Therapie nicht ersetzen. Allerdings ist es möglich, sie unterstützend anzuwenden. 

Homöopathie

Mithilfe von Globuli und Co. sollen Verdauungsstörungen wie Bauchkrämpfe, Durchfall und Entzündungsprozesse gelindert werden. Einen wissenschaftlichen Beleg für homöopathische Medikamente gibt es nicht, allerdings schwören viele Menschen auf die positiven Effekte. Daher kann es sich durchaus lohnen, die Alternativmethode auszuprobieren.

Im Rahmen der Homöopathie kommen beispielsweise folgende Wirkstoffe zum Einsatz:

  • Nux vomica (Brechnuss) stellt unter anderem die normale Verdauungsfunktion wieder her
  • Natrium sulfuricum (Natriumsulfat) aktiviert die Darmperistaltik (Bewegung einzelner Darmabschnitte)5, 6

Ein geeignetes homöopathische Mittel sowie dessen Darreichungsform sollte von einem fachkundigen Homöopathen oder Arzt mit Zusatzausbildung empfohlen werden.

Phytopharmaka

Bei Beschwerden im Rahmen von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen werden nicht selten pflanzliche Medikamente (Phytopharmaka) ergänzend angewandt. Beispielsweise wurden zu folgenden Mitteln bereits erste klinische Studien zur Verwendung bei CED durchgeführt:

  • Flohsamenschalen: erhöhen das Stuhlvolumen und regulieren die Darmbewegung (Peristaltik)
  • Kamille-Extrakt: zum Beispielentzündungshemmende und krampflösende Wirkung (In-vitro-Studie)
  • Myrrhe: unter anderem entzündungshemmende und gegen Durchfall wirkende Eigenschaften (In-vitro-Studie)
  • Kaffeekohle: hemmt Durchfall und ist entzündungshemmend (In-vitro-Studie)
  • Weihrauch: im Labor wurde eine Hemmung der Entzündungsreaktion festgestellt
  • Heidelbeeren: beispielsweise gegen eine Entzündung gerichtet sowie antibakteriell zur Wundbehandlung7

Im klinischen Alltag haben vor allem die genannten Pflanzen eine Bedeutung. Weitere mögliche naturheilkundliche Ansätze versprechen beispielsweise Wermut, Aloe Vera oder Weizengras-Saft, allerdings fehlen hierzu Studien. 

Traditionell chinesische Medizin

In der traditionell chinesischen Medizin (TCM) werden sowohl Akupunktur als auch manuelle Methoden wie Shiatsu oder Tuina-Massagen unterstützend eingesetzt. Demnach ist es damit möglich, nicht nur die Schmerzen während einer akuten Phase zu lindern, sondern zudem regulierend auf das Immunsystem zu wirken. So soll sich nach einer Akupunkturbehandlung beispielsweise die Darmfunktion wieder beruhigen.8

Probiotika

In Studien konnte beobachtet werden, dass es einen Unterschied zwischen der Darmflora (Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm) eines Morbus Crohn-Patienten und dem eines gesunden Menschen gibt. Mithilfe von lebenden Mikroorganismen (Probiotika) soll die Darmflora wieder ins Gleichgewicht gebracht werden.9 Allerdings liegen derzeit nur kleinere Studien zur Anwendung von Probiotika im Rahmen der Crohn-Krankheit vor, die zusammengefasst noch keine sichere Aussage zur Wirksamkeit zulassen.

Entspannungsverfahren

Psychischer Stress kann sich unter Umständen negativ auf den Verlauf der chronischen Erkrankung auswirken. Daher sind Entspannungstechniken eine gute Möglichkeit, innere Ruhe zu finden. Hierfür kommen zum Beispiel folgende Methoden infrage:

  • Meditation
  • autogenes Training
  • progressive Muskelentspannung
  • Qi Gong
  • Yoga

Aber auch alles andere, was Betroffenen hilft, Stress abzubauen und sich auf andere Gedanken zu bringen – sei es ein Spaziergang an der frischen Luft oder sportliche Betätigung –, sollte ausprobiert werden.

Mit anderen sprechen…

Leiden Betroffene unter ständig wiederkehrenden Entzündungsschüben, stellt dies oftmals eine große Belastung dar. In einigen Fällen kann es bereits helfen, über die Erkrankung mit Freunden, Familienmitgliedern oder Gleichgesinnten zu sprechen, und sich Sorgen und Ängste von der Seele zu reden.

Schreitet der Leidensdruck jedoch weiter fort, ist es möglich, dass der psychische Druck in Depressionen umschlägt. In einem solchen Fall kann eine Gesprächstherapie mit einem Psychotherapeuten hilfreich sein. Ziel ist es, die Krankheit besser zu verarbeiten und eine psychische Stabilität herzustellen.

Wann ist eine Operation bei Morbus Crohn sinnvoll?


Bei Morbus Crohn stellt der operative Eingriff die letzte Option dar und wird nur in bestimmten Situationen durchgeführt. Er wird als notwendig erachtet, wenn 

  • die Darmentzündung und deren Begleiterscheinungen in der Akutphase so stark ausgeprägt sind, dass sie sich medikamentös nicht lindern lässt,
  • sich Fisteln (krankhaft bedingte röhrenförmige Verbindung zwischen zwei Hohlorganen), Abszesse (Eiteransammlung) oder Stenosen (Verengung von Öffnungen und Hohlorganen) in den entzündeten Darmregionen bilden, oder
  • ein Notfall wie ein Darmverschluss oder Darmdurchbruch eintritt.

Die Vor- und Nachteile des chirurgischen Eingriffs sollten genau abgewogen werden, da sich selbst mittels Operation die Erkrankung nicht vollständig heilen lässt. So ist es möglich, dass die Entzündung wiederkehrt – häufig in dem Bereich, der dem entfernten Teil des Darms am nächsten liegt.

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Künstlicher Darmausgang bei CED
Zur Entlastung des Darms nach einer Operation oder aufgrund einer starken Entzündung, kann ein künstlicher Darmausgang – meist vorübergehend – sinnvoll sein. Alles Wichtige zur Stomatherapie hören Sie im Gesundheitspodcast.

Je nach Ursache für den chirurgischen Eingriff stehen dem Arzt verschiedene Möglichkeiten zu Verfügung: Eine Fistel lässt sich zum Beispiel über ein Endoskop (starres Metallrohr oder flexibler Gummischlauch) mittels Metallklammern von innen verschließen. Dem gegenüber wird bei einer Verengung des Darms die Strikturoplastik angewandt. Das chirurgische Verfahren kann dem Darmabschnitt erweitern, ohne Gewebe zu entfernen. Dabei wird bei der Engstelle ein Längsschnitt vorgenommen und dieser anschließend quer wieder vernäht, wodurch die Engstelle erweitert wird.

Müssen hingegen entzündete Darmabschnitte entfernt werden, setzt der Operateur auf die minimal-invasive Laparoskopie (Schlüsselloch-Chirurgie). Bei dieser Technik sind nur wenige kleine Schnitte im Bauchraum nötig. Dabei ist das Ziel, so viele Darmabschnitte wie nötig, aber so wenig wie möglich zu entfernen

Nach der Operation ist es wichtig, dass sich Morbus Crohn-Patienten regelmäßig zur Kontrolle beim behandelnden Arzt einfinden, um rechtzeitig Komplikationen wie einen Darmverschluss zu vermeiden.

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Tanja Albert Von der Schülerzeitung übers Journalismus-Studium in die Online-Redaktion von kanyo® - Tanja Albert hat das Schreibfieber gepackt. Gemischt mit ihrem Interesse für Ernährungs- und Gesundheitsthemen stürzt sie sich Tag für Tag in die medizinische Recherche - und bringt das Ganze auch in die Sozialen Netzwerke, nämlich als Social Media Managerin. Tanja Albert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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