Was sind Ösophagusdivertikel?


Bei Ösophagusdivertikeln handelt es sich um krankhafte Ausstülpungen an der Speiseröhrenwand, die wie kleine Ballons aussehen. Die Erkrankung ist nur in seltenen Fällen angeboren. Meist werden die Divertikel erst im Laufe des Lebens erworben. Je nach Ursache unterscheiden Ärzte zwischen Traktions- und Pulsionsdivertikeln.

„Echt“ oder „falsch“: Was bedeutet das?

Von echten Divertikeln spricht die Medizin, wenn die gesamte Wand eines Hohlorgans, also einschließlich der Muskelschicht, gewölbt ist.

Infografik Darstellung echter Ösophagusdivertikel.

Bei „falschen“ Divertikeln oder Pseudodivertikeln stülpt sich hingegen nur die innerste Wandschicht – die Schleimhaut – nach außen.

Infografik Darstellung falscher Ösophagusdivertikel.

Traktionsdivertikel (echte Divertikel)


Traktionsdivertikel finden sich meist in der Mitte der Speiseröhre (Ösophagus). Früher wurde vermutet, dass Vernarbungen im Mediastinum (Mittelfellraum in der Brusthöhle), zum Beispiel infolge von Tuberkulose oder Operationen an der Speiseröhre, von außen an der Speiseröhre ziehen, wodurch deren Wände aussacken.

Heute werden vor allem angeborene Fehlbildungen wie die Ösophagusatresie als Erklärung diskutiert.

Pulsionsdivertikel (falsche Divertikel)


Pulsionsdivertikel treten am häufigsten oberhalb der Schließmuskeln am Ein- und Ausgang der Speiseröhre auf, seltener auch knapp oberhalb des Zwerchfells (epiphrenische Divertikel). Ihre Entstehung ist auf das Zusammenspiel von zwei Faktoren zurückzuführen:

  • einem erhöhten Druck innerhalb der Speiseröhre (infolge einer eingeschränkten Muskelbewegung im Magen-Darm-Trakt oder wenn sich Schließmuskeln nicht richtig öffnen) und
  • einer geschwächten Speiseröhrenwand (zum Beispiel durch Verletzungen bei einer Spiegelung der Speiseröhre).

Dadurch kann sich die Schleimhaut auswölben. Im Gegensatz zu den „echten Divertikeln“ ist die Muskelschicht bei Pseudodivertikeln nicht betroffen.

Sonderform: Zenker-Divertikel

Auch beim Zenker-Divertikel handelt es sich um einen Pulsions- und Pseudodivertikel. Genau genommen ist diese sackförmige Ausstülpung jedoch nicht an der Speiseröhre, sondern am Rachen lokalisiert. Mit einer Häufigkeit von etwa 2:100.000 pro Jahr ist sie die am weitesten verbreitete Form. Betroffen sind vor allem Männer zwischen 70 und 80 Jahren.1

Welche Symptome können auf Ösophagusdivertikel hinweisen?


Je nach Größe und Lage können die Symptome bei Ösophagusdivertikeln unterschiedlich ausfallen. Vor allem die Traktionsdivertikel sind in der Regel kleiner und werden von Betroffenen meist gar nicht bemerkt. Sie werden nur zufällig bei Röntgenuntersuchungen entdeckt.

Gerade größere Divertikel (vor allem am Schlund) können nach längerer Zeit aber starke Beschwerden auslösen. Patienten berichten beispielsweise von:

  • Schluckbeschwerden
  • einem Kloßgefühl im Halsbereich
  • übelriechendem Mundgeruch
  • Hustenreiz bei der Nahrungsaufnahme
  • Rückfluss von Speisebrei aus dem Magen
  • Sodbrennen

Außerdem finden Betroffene nach dem Schlafen oftmals unverdaute Nahrungsbestandteile auf dem Kissen, weil das Essen wieder herausgewürgt wird. Das kann vor allem bei der Einnahme von Medikamenten zu Problemen führen, wenn diese im Divertikel hängen bleiben und dadurch nicht wirken können.

Werden große Divertikel nicht behandelt, sind zudem weitere Komplikationen möglich. Da die in Divertikeln eingeschlossenen Essensreste als optimaler Nährboden für Keime dienen, kann sich beispielsweise eine Speiseröhrenentzündung entwickeln. Bei einer starken Schädigung der Schleimhaut ist zudem ein lebensbedrohlicher Durchbruch der Speiseröhrenwand möglich.

Hätten Sie es gewusst?

Divertikel treten nicht nur in der Speiseröhre auf, häufig sind auch Ausstülpungen an der Darmwand zu beobachten. Sie sind an sich harmlos, kommt es jedoch zu einer Entzündung der Divertikel (Divertikulitis) können Symptome wie Fieber, Druckschmerzen oder Verstopfung entstehen.

Wie werden Speiseröhrendivertikel behandelt?


Verursachen Ösophagusdivertikel keine Symptome, werden sie in der Regel auch nicht behandelt. Bei leichteren Beschwerden wird versucht, diese mithilfe einer konservativen Therapie in den Griff zu bekommen. Dazu gehört beispielweise die Umstellung auf eine gesunde Lebensweise. Der Patient sollte sehr fetthaltige Speisen sowie Alkohol und Nikotin meiden. Mithilfe von Medikamenten können zudem einzelne Symptome wie Sodbrennen gelindert werden.

Bei anhaltenden Beschwerden oder hohem Leidensdruck ist eine Operation hingegen unumgänglich. Das ist vor allem oft bei einem Zenker-Divertikel der Fall. Dann hat der Arzt folgende Möglichkeiten zur Auswahl:

  • offener Eingriff: Dieses Verfahren, bei der die Ausstülpung zunächst von außen freigelegt werden muss, ist am aufwändigsten. Jedoch lässt sich der Divertikel meist vollständig abtragen.
  • endoskopische Therapie mit starrem Endoskop: Hierbei wird die Speiseröhre nicht operativ geöffnet, sondern ein Metallstab über den Mund in die Speiseröhre eingeführt. An diesem befinden sich eine kleine Kamera sowie Instrumente. Der Arzt durchtrennt den Muskelsteg zwischen den Ösophagusdivertikeln. Der Eingriff findet meist unter Vollnarkose statt.
  • endoskopische Therapie mit flexiblem Endoskop: Vom Prinzip her funktioniert dieses Verfahren ähnlich wie die Behandlung mit starrem Endoskop, nur dass das Gerät aus einem biegsamen Schlauch besteht. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass der Schlauch leichter steuerbar ist und eine Untersuchung in verschiedenen Lagen ermöglicht. Der Eingriff wird in der Regel unter Sedierung durchgeführt.

Die Heilungschancen gelten bei allen drei Therapieformen als sehr gut. Meist gelingt es, die Divertikel vollständig zu entfernen. Sind die Divertikel auf eine Funktionsstörung der Speiseröhre zurückzuführen, wird auch diese in der Regel therapiert. Beispielsweise erfolgt häufig eine operative Muskeldurchtrennung des Ösophagussphinkters (Schließmuskel, der die Speiseröhre verschließt).

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Miriam Müller Aufgewachsen in einer Familie aus Krankenschwestern und Journalisten, interessierte sich Miriam Müller bereits sehr früh für die Themen Medizin und Medien. Nach verschiedenen Praktika im journalistischen Bereich – unter anderem bei der Deutschen Welle in Washington D.C. – absolvierte sie erfolgreich ihr Masterstudium Kommunikationswissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg. Miriam Müller Medizinredakteurin und Kommunikationswissenschaftlerin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Bechtel, Matthias & Jakobs, Ralf: Ösophagusdivertikel. In: Gastroenterologie up2date 2012. Thieme-Verlag, S.188.